Fachinformationen - Dengue Hämorrhagisches-Fieber
Dengue-Hämorrhagisches-Fieber: Wie hoch ist das Risiko für Reisende?
Aedesmücken (Tigermücke)
Bildquelle: Prof. Garms, BNI
Die Übertragung des Dengue-Virus auf den Menschen erfolgt durch Moskitos (Aedes). Es existieren vier unterschiedliche Serotypen (DEN1-4) des Erregers. Eine durchgemachte Erkrankung schützt zwar vor erneuter Infektion mit dem gleichen Typ, nicht jedoch vor einer Zweitinfektion mit einem der verbleibenden drei Virusvarianten. Das klassische Dengue-Fieber wird auch bei Touristen diagnostiziert. Bei einer Erstinfektion verläuft eine Infektion meist komplikationslos und glücklicherweise sind schwere Krankheitsverläufe bei Reisenden sehr selten:
Dengue-Hämorrhagisches-Fieber (DHF und DSS)
Von Dengue sind hauptsächlich Kinder und Jugendliche in Endemiegebieten betroffen, häufig hellhäutige Kinder männlichen Geschlechtes. Die klassische Erkrankung beginnt mit einem schnellen Fieberanstieg, Kopf- und Gliederschmerzen, Erbrechen, Dyspnoe (Bronchopneumonie, Myokarditis). Diese klassische Verlaufsform verläuft bei Kindern milder und hat eine gute Prognose.
Kommt es aber nach einer bereits erfolgten Infektion mit einem der vier Virustypen zu einer Zweitinfektion mit einem anderen Virustyp, können sich schwere Krankheitsverläufen mit erhöhter Blutungsneigung (Hämorrhagie) entwickeln:
- Dengue-Hämorrhagisches-Fieber (engl. Dengue Hemorrhagic Fever, DHF):
- Beginn der Schocksymptomatik zwei bis sechs Tage nach Krankheitsbeginn, Blutungsneigung: Petechien, Purpura, Epistaxis, Hämatemesis, subarachnoidale Blutungen, Thrombozytopenie, Hämokonzentration und Blutungen in alle Körperorgane
- Dengue Shock Syndrome (DSS): Austritt von Serum in den Raum zwischen den Zellen hinein, eine schwere Verlaufsform des DHF.
Auf 100 Dengue-Infektionen kommen etwa 10% symptomatische Verläufe, etwa 50 bis 100 Millionen pro Jahr. Die Wahrscheinlichkeit einer schweren Verlaufsform liegt etwa bei 0,01% der Infizierten oder bei 1% der Erkrankten. Die Zahl der Patienten mit kompliziertem Krankheitsverlauf im Sinne eines Dengue-hämorrhagischen Fiebers (DHF), oder Dengueschock-Syndroms (DSS), wird auf 500.000 pro Jahr geschätzt (Dobler 2010). Die Sterblichkeitsrate liegt bei DHF/DSS zwischen sechs und 30%, sie ist v.a. bei Kindern < 1 Jahr erhöht.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Dengue-Fieber zu einem DHF/DSS entwickelt, liegt bei ein bis zwei Prozent (Wilder-Smith 2005). Oft liegen die Zahlen noch wesentlich niedriger. Betroffen von der schweren Verlaufsform sind vor allem Kinder, die in Verbreitungsgebieten wohnen und sich jedes Jahr erneut infizieren. Beispiele:
- Brasilien im Jahr 2007, auf eine halbe Million Fälle klassisches Dengue-Fieber kamen 1275 Fälle von DHF. Die Sterblichkeit des DHF liegt bei bis zu 10 (-20%) und kann im Fall von DSS sogar 40% betragen (Wilder-Smith 2005, Schwartz 2009). Mit 136 registrierten Todesfällen lag die Sterblichkeitsrate des DHF in Brasilien bei 10,7%. (Promed 18.12.2007). Bei Reisenden sind ernste Gesundheitsprobleme selten.
- In einer österreichischen Klinik fand sich zwischen 1990 und 2005 bei 93 insgesamt Dengue-Patienten in 18 Fällen eine erhöhte Blutungsneigung, in dieser Gruppe waren bei sieben Patienten die diagnostischen Kriterien eines Dengue-Hämorrhagischen-Fiebers (DHF) erfüllt und bei einem Patient wurde ein Dengue-Schock-Syndrom (DSS) diagnostiziert. Todesfälle waren keine zu verzeichnen.
Diagnostische Kriterien
Nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegt ein DHF vor, wenn neben einer Fiebersymptomatik auch eine Thrombozytopenie mit weniger als 100.000 Blutplättchen pro mm3 Blut vorliegt. Weitere Kriterien sind klinische Hinweise auf eine erhöhte Blutungsneigung in Verbindung mit Zeichen eines Plasmaverlustes über die Wände der Blutgefäße. Hierzu sollte mindestens einer der folgenden Befunde gehören:
- Erhöhter Hämatokritwert (Erhöhung von mehr als 20% über dem Normbereich)
- Ergüsse in den serösen Höhlen (Pleuraerguss oder Aszites)
- Erniedrigtes Serumprotein
Auch eine azyklische Gebärmutterblutung, Zahnleischbluten, ungewöhnliches Nasenbluten, rötliche Punkte in der Haut, Blutauflagerungen beim Stuhlgang u.a. können Zeichen für Dengue-hämorrhagisches Fieber sein.
Risikofaktoren
Obwohl sich der Verlauf einer Denguevirus-Infektion im Einzelfall nicht vorhersagen lässt, erlauben einige Anhaltspunkte eine zumindest grobe Einschätzung. Der wichtigste Risikofaktor für schwerere Krankheitsverläufe ist das Lebensalter. Bis zu 95% aller beobachteten DHF/DSS Fälle finden sich bei Kindern im Alter unter 15 Jahren. Die Befürchtungen vieler Fernreisender hinsichtlich einer Dengue-Zweitinfektion sind meist unbegründet.
Allerdings finden sich bei Kindern im Alter von drei bis vier Jahren im Falle einer Zweitinfektion mit dem DEN 2-Virus deutlich erhöhte Sterblichkeitsraten (25/10.000). Kinder im Alter zwischen drei und 14 Jahren haben ein 14,5-fach höheres Risiko bei einer Dengue-Zweitinfektion ums Leben zu kommen als Patienten in der Altersgruppe zwischen 15 und 39 Jahren. Erst in der Altergruppe ab 50 Jahre findet sich wieder ein leichter Anstieg der Sterblichkeit nach einer Zweitinfektion (Guzmán 2002). Auch immunologische oder genetische Faktoren können den Krankheitsverlauf im Falle einer Zweitinfektion beeinflussen (Loke 2001).
Ein weiterer wichtiger Faktor zur individuellen Risiko-Einschätzung ist die aktuelle epidemiologische Situation im Reiseland. Neben der absoluten Anzahl der gemeldeten Fälle ist jedoch auch der prozentuale Anteil von DHF-Erkrankungen im Vergleich zur Gesamtfallzahl von Bedeutung. Dies erlaubt eine Einschätzung der Virulenz des aktuell verbreiteten Erregertyps.
Fazit
- In den meisten Fällen ist das Risiko an DHF zu erkranken für Reisende sehr gering.
- Europäische Reisende weisen im Falle einer Dengue-Zweitinfektion kein nennenswert höheres Risiko für DHF auf als nach Erstinfektion. Daher besteht auch bei anamnestisch durchgemachtem Denguefieber kein Grund auf Reisen in Endemiegebiete zu verzichten.
- Bei Reisen in Dengue-Endemiegebiete sollte ganztägig auf Mückenschutz geachtet werden, insbesondere bei Kindern.
Literatur
- Dobler G, Knobloch J.: Arbovirusinfektionen, Tropenmedizinin in Klinik und Praxis, Thieme 2010.
- Bandyopadhyay S, Lum LC, Kroeger A. Classifying dengue: a review of the difficulties in using the WHO case classification for dengue haemorrhagic fever. Trop Med Int Health 2006; 1238-55.
- Laferl H, Szell M, Bischof E, Wenisch C. Imported dengue fever in Austria 1990-2005. Travel Med Infect Dis 2006; 4:319-23.
- Loke H, Bethell DB, Phuong CX, et al. Strong HLA class I-restricted T cell responses in dengue hemorrhagic fever: a double edged sword? J Infect Dis 2001; 184: 1369-73.
- Guzmán MG, Kouri G, Bravo J, Valdes L, Vazquez S, Halstead SB. Effect of age on outcome of secondary dengue 2 infections. Int J Infect Dis 2002; 6: 118-24.
- Senanayake S. Dengue fever and dengue haemorrhagic fever - a diagnostic challenge. Aust Fam Physician 2006; 35: 609-612.
- Schwartz E. Tropical diseases in travelers. John Wiley & Sons; Auflage: 1. Auflage (5. Juni 2009)
- Wilder-Smith A, Schwartz E. Dengue in travellers. N Engl J Med 2005; 353: 924-32
HEF, MG, 11.09.2018